Prophylaxe durch Impfung

Prinzip Impfung

Das Idee ist ganz simpel: Man gibt dem Körper die krankmachenden Substanzen in einer unschädlichen Dosis und regt ihn damit an, sich gegen diese Krankheitsauslöser zu wehren. Der Körper wehrt sich mit eigens gebildeten Abwehrstoffen, sogenannte Antikörper. Die Abwehrzellen besitzen ein "Gedächtnis" (Gedächtniszellen) und können sich beim erneuten Kontakt mit dem pathogenen Eindringling sofort zur Wehr setzen und eine Infektion verhindern.

Bei den Impfstoffen gegen Erkrankungen der ableitenden Harnwege spricht man streng genommen von einer Immunstimulation. Diese Vakzine regen den Körper nicht zur Bildung von Antikörper an, sondern stimulieren die angeborene Immunität der Harnblase. Dadurch können die Abwehrmechanismen in der Harnblase jenseits von Antikörpern verbessert werden.

Die Immunisierung durch Impfung ist ein Hoffnungsträger, wenn die Blasenentzündungen immer wiederkehren. Sie wird in der medizinischen S3 Leitlinie noch vor einer Langzeitantibiose als Behandlungsversuch empfohlen.

Alle bisher verfügbaren Präparate enthalten abgetötete Bakterien (entweder nur E. coli oder eine Mischung aus Bakterienstämmen), die entweder injiziert oder oral verabreicht werden. Je nach Präparat konnten durch die Immunisierung wiederkehrende Infektionen um bis zu 50 % verhindert werden.

Am besten lässt du dich von einem Urologen/Urologin beraten und dabei begleiten. Erst nachdem funktionelle Störungen der Blase als Ursachen ausgeschlossen sind und die Keime, die im Regelfall deine Blasenentzündung auslösen, durch eine Urinkultur bestimmt sind, kann die Impfung ins Auge gefasst werden.

Uro-Vaxom®

Uro-Vaxom ist ein Immuntherapeutikum und wird zur Behandlung wiederkehrender und chronischer Harnwegsinfektionen (Blasenentzündung, Nierenbeckenentzündung, Harnröhrenentzündung, asymptomatische Bakteriurie) angewendet. Uro-Vaxom aktiviert verschiedene Abwehrmechanismen des Körpers (zelluläre und humorale Immunität), wodurch es zu einer verstärkten Immunantwort im Bereich der Harnwege kommt. Eine Kapsel enthält 6 mg immunaktive Fraktionen aus ausgewählten E. coli-Stämmen. Das heißt für dich, dass diese Schluckimpfung nur dann in Frage kommt, wenn der Hauptverursacher deiner HWI E. coli Bakterien sind.

Grundimmunisierung: 3 Monate lang täglich 1 Kapsel auf nüchternen Magen (z.B. eine halbe Stunde vor dem Frühstück) mit etwas Flüssigkeit.

Intervallboosterung (Auffrischung): Zu Beginn des 7., 8. und 9. Monats nach Behandlungsstart jeweils für 10 Tage täglich 1 Kapsel (und ggf. wiederholt nach therapiefreien 3-monatigen Intervallen).

Die Behandlung kann bereits unter Akuttherapie begonnen werden und sollte bei einer Durchbruchsinfektion auch nicht unterbrochen werden. Häufige Nebenwirkungen (1-10 aus 100) sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Verdauungsstörungen.

Zwei Metaanalysen (5 doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Studien) zu Uro-Vaxom® haben die Wirksamkeit zur Prävention bestätigt, die Rezidivrate verringerte sich um 22% bis 65% (im Schnitt 39%).

In einfachen Worten: Angenommen, du leidest unter 6 Harnwegsinfektionen pro Jahr. Nach der abgeschlossenen Immunisierung (ca. 8 Monate und 10 Tage) leidest du im besten Fall nur noch unter 2 Blasenentzündungen im Jahr. Im schlechtesten outcome sind es aber immer noch 4-5 Infektionen im Jahr.

Die Kosten für Uro-Vaxom werden in Österreich und Deutschland von den Krankenkassen übernommen (setzt die Diagnosestellung und Therapieeinleitung durch FachärztInnen für Urologie oder Gynäkologie voraus).

StroVac®

StroVac wird zur Vorbeugung und Behandlung von wiederkehrenden Harnwegsinfektionen bakterieller Herkunft angewendet. Im Gegensatz zu Uro-Vaxom enthält es nicht nur E. coli Bakterien, sondern 10^9 inaktivierte Keime folgender 5 Arten: E. coli, Morganella morganii, Proteus mirabilis, Klebsiella pneumoniae, Enterococcus faecalis. StroVac wird in den Oberarmmuskel intramuskulär injiziert. Stichwort "Impfarm": Berichten im Netz zufolge soll eine Injektion in den Hintern weniger lokale Reaktionen hervorrufen.

Grundimmunisierung: 3 Injektionen á 0,5 ml Impfsuspension im Abstand von jeweils 1 bis 2 Wochen.

Booster (Auffrischung): 1 Injektion á 0,5 ml Impfsuspension ca. 1 Jahr nach der Grundimmunisierung.

Während Schwangerschaft und Stillzeit und bei Kindern von 5- 15 Jahren wird die Impfung nicht empfohlen. Kinder unter 5 Jahren dürfen nicht geimpft werden. Häufige Nebenwirkungen sind lokale Impfreaktionen an der Injektionsstelle (Rötungen, Schwellungen, Verhärtungen, etc.) und allgemeine Impfreaktionen in Form von grippalen Symptomen.

Die Rate an HWI pro Jahr konnte in mehreren kontrollierten Studien um 26% bis 93% gesenkt werden.

In einfachen Worten: Die Streuung in der nachgewiesenen Wirksamkeit ist auch hier hoch. Angenommen, du leidest unter 6 Harnwegsinfektionen pro Jahr. Nach der abgeschlossenen Grundimmunisierung (ca. 1 Monat) leidest du im besten Fall nur noch an maximal 1 Blasenentzündung im Jahr. Schlägt die Impfung schlecht an, sind es aber immer noch 4-5 Infektionen im Jahr.

Die Kosten für StroVac (ca. 150 Euro inkl. Booster) werden in Österreich und Deutschland von den Krankenkassen NICHT übernommen.

Uromune® - Ein Hoffnungsträger

Dabei handelt es sich um ein neues Präparat (auch MV140 genannt) für die Behandlung von rezidivierendem Harnwegsinfekten, das von Inmunotek (Madrid, Spanien) produziert und von Q-Pharma (Alicante, Spanien) vermarktet wird. In Deutschland wird Uromune® zur Impfung gerade getestet. Die darin enthaltenen 10^9 inaktivierten Bakterien, die mit einem Pump-Spray sublingual verabreicht werden, sollen noch zielgerichteter sein.

Das Präparat gibt es in 3 Formen:

  • Generische Zusammensetzung (Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Proteus vulgaris, Enterococcus faecalis zu gleichen Teilen)
  • Spezifische Zusammensetzung (Prozentsatz der Bakterien kann individuell festgelet werden)
  • Autovaccin (hergestellt mit den Organsimen aus der Urinprobe des Patienten)

Erste Ergebniss sind vielversprechend: 78% der 77 Frauen mit wiederkehrenden Blasenentzündungen, an denen Uromune® getestet wurde, blieben im Folgejahr infektfrei.

Eine weitere Studie mit 166 Frauen belegt ebenfalls die Wirksamkeit. Die Rezidivrate konnte um mehr als 50% reduziert werden.

Zusammengefasst: Beobachtungsstudien mit über 1.000 Personen zeigen einen hervorragenden klinischen Nutzen. In einer randomisierten placebokontrollierten Phase-III-Studie soll die Sicherheit und klinische Wirksamkeit bei der Prävention von rUTI (recurrent urinary tract infections = wiederkehrende HWI) noch bestätigt werden.

Autovaccine - Der individuelle Schlüssel

Bei Autovaccinen handelt es sich um sogenannte "Eigenimpfstoffe" (ein personalisiertes, auf den Patienten zugeschnittenes Individualarzneimittel), die einen positiven Einfluss auf unterschiedliche Abwehrzellen haben.

Autovaccine (oder Autovakzine) haben mit der klassischen Impfung wenig zu tun, auch wenn sich die erhoffte Wirkung (weniger oder am besten keine Harnwegsinfekte) mit den anderen vorhandenen Formen der Immunstimulation für die Harnblase deckt. Autovaccine werden erst nachträglich bei Vorhandensein der Beschwerden eingesetzt, also nicht vorbeugend, so wie es bei der herkömmlichen Impfung der Fall ist.

Sie sind eine Art natürliche Impfung, die aus körpereigenen, z.B. inaktivierten E. Coli Bakterien aus dem Darm oder dem Urin hergestellt wird und nasal (in Form eines Nasensprays) oder als Injektion verabreicht wird. Durch die enthaltenen Informationen in den Autovaccinen beginnt der Körper, schützende Abwehrzellen zu produzieren und damit das Abwehrsystem zu modulieren.

AutoColiVaccinen enthalten E. coli Fragmente aus dem Verdauungstrakt des jeweiligen Patienten. Für die Herstellung werden E. coli aus dem Stuhl des Patienten vermehrt, inaktiviert und anschließend zur AutoColiVaccine verarbeit.

Wenn du eher ein visueller Typ bist, kannst du dir gerne das Video (siehe oben) dazu ansehen. Dr. med. Thomas Ellwanger (MVZ Institut für Mikroökologie) erklärt hier ganz genau, wie Immuntraining mit AutoColiVaccinen funktioniert und wie der praktische Ablauf dazu aussieht. Zu Beginn der Behandlung versendet man eine Stuhlprobe zur Herstellung der AutoColiVaccine.

Warum eigentlich E. coli aus dem Darm? Studien haben gezeigt, dass sich E. coli-Arten zwischen dem Harntrakt und dem Darm hin und her bewegen. Die Erreger besiedeln also nicht nur die Harnwege, sondern ziehen sich auch zurück in den Darm um von dort aus wieder erneut die Harnwege zu besiedeln.

Es klingt ja im ersten Moment sehr abenteuerlich, dass ein Nasenspray gegen Blasenentzündungen helfen soll. Der Arbeitskreis für Mikrobiologische Therapie (AMT) hat eine Praxiserhebung zur Wirksamkeit der AutoColiVaccine bei der Behandlung chronisch-rezidivierender Harnwegsinfekte durchgeführt. Das Ergebnis: Die Therapie mit AutoColiVaccinen konnte bei 20 der 21 behandelten Patienten den seit Jahren bestehenden Kreislauf rezidivierender Harnwegsinfekte durchbrechen. Die Anzahl der Harnwegsinfekte wurde von durchschnittlich 3 auf 0,1 pro Jahr gesenkt.

Aber nicht nur in Studien und papers, auch in Facebook Gruppen und diversen Berichten im Netz findet man sehr positive Rückmeldungen zur Behandlung mit Autovaccinen.

Fazit: In der Therapie von rezidivierenden Harnwegsinfekten ist die AutoColiVaccine eine interessante und vor allem sehr gut verträgliche Alternative zu bereits etablierten Therapiemethoden. In Verbindung mit der probiotischen Therapie hat sich die Anwendung der Autovakzine in der Behandlung rezidivierender Harnwegsinfekte über Jahrzehnte als sehr gut wirksam und verträglich gezeigt.

Mein Gedanke dazu: Definitiv einen Versuch wert! Auch bei anderen Beschwerden wie Allergien oder chronische Nebenhöhlenentzündungen sind Autovaccine eine mögliche Behandlungsalternative.

Die schlechte Nachricht: Die SymbioVaccin GmbH hat die Herstellung Autovaccineherstellung Ende 2021 eingestellt. Das BfArM (die Zulassungsbehörde für Arzneimittel), entzog 2006 die juristische Grundlage für die Herstellung und den Vertrieb der Autovaccine, indem es die Autovaccine als Fertigarzneimittel eingestuft hatte. Bemühungen über 15 Jahre dieser Einstufung entgegenzuwirken blieben leider erfolglos. Es werden derzeit aber andere Optionen ausgelotet, und die Hoffnung besteht, dass 2023 die Produktion wieder aufgenommen wird.